
Magdalena Norkauer ist 29 Jahre alt und hat Fresh Parsnip, einen Lieferservice mit veganer Vollverpflegung, gegründet. Im November 2017 hat sie nun mit Kristina Clemenz das MANA – Glow Food, ein veganes Restaurant in Berlin Schöneberg eröffnet. Wie sie das gemacht hat und wie sie neben all dem noch ihren Master an der Uni machen kann, haben wir sie gefragt.
Du hast zwei grüne Unternehmen gegründet. Möchtest Du kurz den Weg dahin beschreiben?
Zu der Idee für Fresh Parsnip kam ich, als ich im Rahmen meines Lebensmitteltechnologie-Bachelor-Studiums einen Praktikumsplatz suchte. Ich interessierte mich für ein Praktikum im Bereich vegane Vollverpflegung. Als ich festgestellt habe, dass es so etwas noch gar nicht gibt, schrieb ich kurzerhand selbst einen Businessplan. Erst als ich bei einem Existenzförderprogramm genommen wurde, ist mir bewusst geworden, dass dies eine wirklich gute Geschäftsidee ist. Mit finanzieller Unterstützung meiner Eltern gründete ich kurz darauf eine GmbH. Anfangs habe ich immer nachts von 24.00-06.00 Uhr eine kleine Leihküche gemietet und dort mit Studenten und Freunden produziert. Die Nachfrage war jedoch bald nicht mehr zu stemmen. So entschied ich mich das Angebot eines Investors anzunehmen, eine große Küche zu mieten und einen Koch anzustellen. Ab da an arbeitete ich jeden Tag 16 Stunden und hatte trotzdem nie Geld. Ich musste oft in Vorleistung gehen oder nicht zahlenden Großkunden hinterherlaufen. Ein dreiviertel Jahr später war ich völlig erschöpft. Fresh Parsnip ging in die Weihnachtspause und – so war mein Plan – sollte nicht wieder zurückkehren.
Was hat dich dazu gebracht, dann doch weiterzumachen?
Ein Bekannter kam auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht in seinem Restaurant produzieren wolle. Das war die Rettung von Fresh Parsnip. Später schlug er mir vor, zusammen mit ihm und einem weiteren Teilhaber ein veganes Restaurant zu eröffnen. Und obwohl ich wirklich Lust dazu hatte, war mir bewusst, dass mir für ein solches Projekt die nötige Gastro-Erfahrung fehlte. Daher habe Kristina Clemenz, die ich einige Jahre zuvor kennenlernte, angerufen und gefragt, ob sie zusammen mit mir und weiteren Teilhabern ein veganes Restaurant in Berlin eröffnen möchte. Kristina arbeitete damals zwar noch in München, hat jedoch überraschend zugesagt. So haben wir einige Zeit später am 25.11.18 offiziell das MANA eröffnet und die Fresh Parsnip Produktion hierhin verlegt.
Neben dem Restaurant und dem Lieferservice machst Du parallel auch noch deinen Master in Uni Berlin. Wie meisterst du das?
Ich habe eine klare Trennung nach Tagen. Es gibt fixe Tage an denen ich Vorlesungen habe. An diesen Tagen kümmere ich mich nur um die Uni. Dann gibt es Tage, an denen ich nur für Fresh Parsnip arbeite. Hier arbeite ich meist von zu Hause aus. Und dann gibt es Tage an denen ich hier im MANA – Glowfood fürs Restaurant arbeite. Nur so gelingt mir das alles parallel zu machen.

Wenn Du Dir ansiehst wie sich alles entwickelt, was sind die Punkte an denen Du noch arbeiten musst? Wo wünschst Du Dir noch Verbesserung?
Es ist relativ schwierig, gutes Küchenpersonal für die vegane Küche zu finden. Ausgebildeten Köchen ist die Zubereitung von rein veganem Essen oft zu langweilig. Und passionierten Veganern bereiten die Großküchenabläufe leider Schwierigkeiten.
Überdies freue ich mich natürlich immer über steigende Gästezahlen. Wobei wir uns hier eigentlich nicht beschweren dürfen. Der Laden wurde super angenommen, trotz unserer Lage in einem eher gut bürgerlichem Viertel. Gäste, die sich anfangs noch beschwert haben, dass wir nur Cappuccino mit Pflanzenmilch servieren, kommen teilweise nun täglich um ihren Cappuccino mit Hafermilch zu trinken oder berichten uns, dass sie sich für zu Hause auch mal Pflanzenmilch gekauft haben.
Wenn Du siehst was Du in deinem Restaurant und bei deinem Lieferservice für großartige vegane Gerichte servieren kannst, frustriert es dich da manchmal, dass die Masse noch nicht vegan lebt?
Nein, ganz im Gegenteil. Bei Fresh Parsnip bestellen 99% Nichtveganer und auch hier im Restaurant essen viele, die von Veganismus noch nie etwas gehört haben. Ich finde es toll, wenn Nichtveganer veganes Essen probieren und es ihnen schmeckt. Vielleicht erzählen sie ihren Freunden davon und so verbreitet sich die Idee. Das ist deutlich besser als wenn man mit erhobenem Zeigefinger auf die Menschen zugeht. Das ist auch der Grund, warum wir als Unterüberschrift immer „plant based food“ anstatt „vegan“ verwenden. Jeder, der vorbeigeht soll wissen, dass es uns egal ist, ob er Fleisch oder Milchprodukte isst, wir freuen uns über jeden Gast, der unsere Küche kennenlernen will.
Wir haben nun so viel über Veganismus gesprochen. Wie bist Du denn überhaupt zum Veganismus gekommen?
Bei mir war dies im Gegensatz zu Kristina eher ein schleichender Prozess. Ich habe Veganismus nie als Dogma gesehen und tue es bis heute nicht. Auch wenn ich mir selbst nie Fleisch oder Kuhmilch kaufen würde, so würde ich einen mir fälschlicherweise mit Kuhmilch zubereiteten Cappuccino nicht wegkippen oder das Essen von Freunden nicht zurückweisen, nur weil sich etwas nicht Veganes darin befindet. Kristina ist dagegen seit frühster Kindheit überzeugte Veganerin und geht keinerlei Kompromisse ein.
Was hättest Du als grüne Gründerin am liebsten vorher gewusst bzw. was war größtes Learning im Bereich Gründung? Und was würdest Du anderen grünen Gründern raten?
Mein größtes Learning war, dass – traurig aber wahr – Geld oft der ausschlaggebender Faktor ist, ob Du etwas umsetzen kannst oder nicht. Und dass Du, wenn Du dieses Geld nicht besitzt, bereit zu großen Kompromisse sein musst. Anderen Gründern würde ich raten: Traut euch und gründet! Stellt euch aber darauf ein, dass die ersten Jahre viel Arbeit und wenig Geld bedeuten. Ich habe das jedoch in Kauf genommen und immer weitergemacht, auch als es eigentlich nicht mehr ging. Nur weil ich nicht zugeben wollte, dass ich mich übernommen hatte. Ich habe es allerdings nie bereut. Durchzuhalten und nicht aufgeben zu wollen, sind zwei sehr wichtige Eigenschaften von erfolgreichen Gründern.

Zu unserer letzten Frage: Wenn wir nun 100 Jahre fast forward denken und Du von oben auf die Welt hinunterschaust: Was würdest Du dir wünschen zu sehen?
Ich würde mir wünschen, dass die Menschen mittlerweile verstanden haben, dass tierische Nahrung nicht notwendig ist. Und dass es dann schon keine großen Mastbetriebe und Milchproduktionen mehr gibt. Realistisch betrachtet wäre das hier und jetzt nicht möglich. Aber wir haben ja noch 100 Jahre Zeit. Und wo heute ein veganen Restaurant ist, sind in 100 Jahren vielleicht schon fünf. Und die Bauern, die heute noch Geld mit Tierzucht verdienen, verdienen in 100 Jahren ihr Geld zum Beispiel schon mit Hanfanbau.
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