
“Jemandem durch tatkräftiges Eingreifen, durch Handreichungen oder körperliche Hilfestellung, durch irgendwelche Mittel oder den Einsatz seiner Persönlichkeit ermöglichen, [schneller und leichter] ein bestimmtes Ziel zu erreichen; Jemandem bei etwas behilflich sein, Hilfe leisten”. Das ist die Definition von “Helfen” und für uns ein besonders wichtiger Aspekt eines nachhaltigeren und bewussten Lebens.
Auch Tatendrang, die 1. Freiwilligenagentur in Deutschland, hat sich das Helfen ganz groß auf die Fahne geschrieben. Gegründet in München durch eine Initiative des Münchner Stadtrats, ist Tatendrang die Anlaufstelle für Münchner Bürger/innen, die sich engagieren möchten. Freiwilligenarbeit finden wir sehr wichtig und ein Thema, über das wir mehr sprechen sollten. Deshalb haben wir bei Renate von Tatendrang gleich genauer nachgefragt.
Tatendrang ist eine Agentur für die Beratung und Vermittlung von ehrenamtlicher Arbeit. Woran habt Ihr gemerkt, dass es in unserer Gesellschaft an ehrenamtlichen Unterstützern fehlt? Was war ausschlaggebend für die Gründung von Tatendrang?
Anlass war die Wahrnehmung, dass sich damals (1980) Rentner/innen oder auch Frauen nach der Familienphase noch eine sinnvolle freiwillige Tätigkeit wünschten, es aber keine Orientierung und Anlaufstelle in München gab, wo man sich informieren konnte. Auch waren viele Einrichtungen auf die Unterstützung von Ehrenamtlichen nicht vorbereitet, sie mussten für diese Idee erst noch begeistert werden und brauchten eine entsprechende Beratung.
Die meisten Menschen wissen sicher noch immer nicht wie sie genau an eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem ihrer Interessensbereiche herankommen. Tatendrang bietet dafür Beratungstermine an. Wie genau laufen diese ab?
Wir nehmen uns ca. 1 Stunde Zeit für jede Beratung Zeit. Wir klären ab, welche Wünsche und Bedürfnisse es bzgl. des Engagements gibt, wie die zeitlichen oder auch örtlichen Rahmenbedingungen sind, welche Themen und Zielgruppen interessant sind, welche Tätigkeiten gewünscht sind, ob von zu Hause aus oder im Team gearbeitet werden möchte, ob es Fähigkeiten gibt, die der/diejenige einbringen kann (z.B. Yoga unterrichten, Sprache vermitteln, Kochen…) oder ob jemand etwas lernen und ausprobieren möchte (z.B. in den sozialen Bereich reinschnuppern, junge Menschen oder Senioren kennenlernen…).
All diese Aspekte sind wichtig, wenn es gilt, das Engagement zu finden, das Freude macht, das man als sinnvoll und interessant erlebt und das einem mindestens so viel gibt, wie man selbst gibt. Nach dem Gespräch unterstützen wir weiter, z.B. durch Austauschtreffen, Weiterbildungen u.v.m.

Ehrenamtliche Tätigkeiten sind ja in vielen Bereichen möglich – von der Arbeit mit behinderten Menschen oder Kindern bis zum Umweltschutz. In welchen Bereichen gibts es die meisten Ehrenamtlichen und welche haben den größten Bedarf an Freiwilligen?
Bedarf gibt es in jedem Bereich. Engagement für Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen ist nicht so leicht zu vermitteln. Hier haben viele Berührungsängste. Das Interesse an einem Engagement für Kinder und Jugendliche sowie für geflüchtete Menschen ist recht groß. Im Bildungsbereich (Deutschlernen, Nachhilfe, …) ist besonders großer Bedarf.
Viele Menschen argumentieren zu wenig Zeit zu haben, um sich ehrenamtlich zu betätigen. Wie viel Zeit muss man mindestens investieren können um wirklich einen sinnvollen Beitrag zu leisten?
Wir vermitteln vor allem Engagements, die sich an Menschen in besonderen Lebenslagen richten und der Beziehungsaufbau Zeit braucht. Deshalb ist es prinzipiell schon wünschenswert, dass ich mich mindestens für ein paar Monate für eine bestimmte Person/Projekt engagiere. Aber es gibt auch viele Angebote, die Flexibilität ermöglichen, z.B. im Team beim Mittagstisch mithelfen, Ausflüge mit Flüchtlingsfrauen oder die Kleiderausgabe.
Wir haben ein Projekt, das es Freiwilligen ermöglicht, sich einmalig und spontan zu engagieren. Sie können so etwas Sinnvolles tun (und interessante Einrichtungen kennenlernen) ohne sich fest binden zu müssen. Das Projekt heißt „Whats to do? Freiwilliges Engagement für Kurzentschlossene“. Ein- bis zweimal in der Woche versenden wir über WhatsApp via Broadcast-Liste Engagement-Angebote an registrierte Freiwillige. Die Einsätze sind vielfältig und dauern ein paar Stunden/einen Tag. Solch spontanes Engagement kann allerdings nicht verbindliches und längerfristiges Engagement ersetzen, denn es gibt so viele Menschen in München, die Unterstützung benötigen und dies sollte längerfristig angelegt sein. Und es macht den Freiwilligen meistens auch mehr Spaß, wenn sie persönliche Bindungen aufgebaut haben und sie sehen, dass ihre Unterstützung etwas bewirkt.
Bei Diskussionen rund um das Ehrenamt wird häufig angeführt, dass es an Verpflichtungen fehlt für diese Art von Tätigkeit. Seht ihr das ähnlich? Würdet Ihr euch auch für eine gewisse Verpflichtung z.B. als eine Art soziales Pflichtpraktikum in der Schule, studienbegleitend etc. stark machen?
Wir halten eine Verpflichtung nicht für sinnvoll. Nicht jede/r ist für ein soziales Engagement geeignet und dazu motiviert. Das wäre dann schwierig für die Menschen, die Unterstützung brauchen. Wir wünschen uns, dass für freiwilliges Engagement mehr geworben wird, es Anreize gibt, die junge Leute dazu ermuntert, sich zu engagieren (z.B. Credit Points beim Studium, besondere Weiterbildungsmöglichkeiten, Vorteile bei Bewerbungen etc.). Und es braucht attraktive Engagementmöglichkeiten, die vielfältige Erfahrungen ermöglichen und das Leben der Jugendlichen/jungen Erwachsenen bereichern.
Wer jetzt auch mithelfen möchte oder schon immer etwas tun wollte, aber nicht wusste was, sollte unbedingt mal bei Tatendrang vorbeischauen.
Tatendrang ist außerdem mit dem erwähnten Projekt “Whats to do? Freiwilliges Engagement für Kurzentschlossene” für den Deutschen Engagementpreis nominiert. Wer Tatendrang und das Projekt dabei unterstützen möchte, kann im Online-Voting seine Stimme abgeben.
1 Kommentar