Auch diesen Winter zeichnete sich wieder ein deutliches Bild ab: Die Wintersportindustrie rüstet auf. Skigebiete werden zusammengelegt, die Technik modernisiert und die Anzahl der sich im Einsatz befindenden Schneekanonen steigt stetig. Immer wieder wird in den Medien ein dramatisches Bild gezeichnet: Planierraupen, entwurzelte Bäume, Rodung von Wäldern. Ist Winterurlaub noch tragbar? Ist nachhaltiger Wintersport überhaupt möglich? Dieser Frage wollten wir nachgehen und haben im Rahmen einer Pressereise ins Fassatal interessante Entdeckungen gemacht und spannende Orte erlebt [Anzeige/Pressereise Val di Fassa].
Nachhaltiger Wintersport: Ist das überhaupt möglich?
Ankunft in Moena, Val di Fassa
Christoforo, Leiter des Tourismusverbundes Val di Fassa, empfängt uns am Eingang unserer familiengeführten Pension. Er erzählt uns von den Besonderheiten des Fassatals, das zu zwei Dritteln im ladinischsprachigen Tal in den Dolomiten in Trentino, Italien liegt. “Viele verbinden mit Winterurlaub in Italien die Sella Ronda, die Skihochburg Südtirols mit vielen großen Wellnesshotels. Dass nur wenige Kilometer südlicher das wunderschöne Fassatal mit seinen kleinen Skigebieten, traditionell geführten Pensionen und naturbelassenen Winterwanderwegen liegt, gerät oft in Vergessenheit. Im Fassatal wird italienische Bodenständigkeit und Tradition noch gelebt – und das in Einklang mit der Natur. So zählt Moena z.B. auch zu den Gemeinden, die sich den Alpine Pearls, einer Vereinigung von 23 europäischen Urlaubsorten, die höchste Ansprüche an Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Mobilität stellen”, erzählt Christoforo.
QC Therme Dolomiti
Bevor wir uns an verschiedenste Wintersportarten ranwagen, möchte Christoforo uns noch die QC Therme Dolomiti in Pozza die Fassa zeigen. Die aus vorwiegend lokalen Naturmaterialen erbaute Therme nutzt das Thermalwasser der Alloch-Quelle, die seit der Antike für ihre wohltuenden Eigenschaften und ihren Gehalt an Mineralsalzen, Schwefel, Sulfat, Kalk und Magnesium bekannt ist und lädt aufgrund ihrer weitläufigen naturbelassenen Außenbereiche zum “Waldbaden” ein. Wir verbringen unserer ersten Abend hier in der Therme und nehmen uns Zeit voll und ganz hier in Italien anzukommen. Erst als es langsam dunkel wird, fällt uns auf, dass wir den Großteil des Abends nicht im Thermalwasser, sondern in den Ruheräumen mit Blick auf die Dolomiten verbracht haben. Zurück in der Pension werden wir vom Inhaber herzlich in Empfang genommen und mit selbstgemachter Pasta überrascht.
Ski Sunrise Trentino und Ski Alpin San Pellegrino
05.30 Uhr morgens. Meine Augen versuchen sich noch an die Dunkelheit zu gewöhnen als sich der Sessellift in Canezza plötzlich in Bewegung setzt. Einheimische Skilehrer erklären einer kleinen Gruppe Menschen was sie nun erwartet: Eine Sesselliftfahrt, ein atemberaubender Sonnenaufgang, leere Pisten und regionales Frühstück auf einer der oben gelegenen Hütten. Ich bin noch immer nicht ganz wach als man uns zum Sessellift dirigiert und bittet samt Ski wie gewohnt hochzufahren. Während der 10-minütigen Fahrt, lichtet sich bereits der Himmel ein wenig. Die Sonne steigt ganz langsam über die schneebedeckten Dolomitengipfel und lässt die Spitzen Minute für Minute mehr in kräftigem Gold, Rot und Orange erstrahlen. Während auf der Terrasse der Hütte ein italienisches Märchen zwischen zwei Feuerstellen vorgelesen wird, bin ich noch immer mit dem Blick auf die Gipfel und das Farbenspiel gerichtet. Erst als die Hüttenbesitzer zum Frühstück reinbitten, kann ich den Blick von dem – mittlerweile in Blau und Rosa getauchten – Himmel, abwenden und nach Innen gehen. Es gibt verschiedene selbst gebackene Kuchen, frisches Brot und regionalen Spezialitäten. Wir frühstücken ausgiebig und fahren dann gemeinsam mit den einheimischen Skilehrern auf den menschenleeren Pisten ab. Alles wirkt so ruhig, als wären nur wir in den Bergen unterwegs.
Skitourengehen in Pozza di Fassa und Langlaufen am Passo San Pellegrino
Am dritten Tag unserer Reise lernen wir frühmorgens Giuliano kennen. Er ist Skitourenlehrer, geht bereits seit 1982 in Val di Fassa Skitouren und Schneeschuhtouren und kennt diese Berge wie sonst kein Anderer. Er hilft uns beim Ausleihen der Ausrüstung, erklärt uns die wichtigsten Aufstiegstechniken und macht sich dann gemeinsam mit uns auf in Richtung Cima Undici. Wir beginnen auch einem flachen Winterwanderweg, gelangen dann aber schnell ins freie Gelände. Um uns rum ist nur Natur; Keine Wege, keine Hütten – nur Wald und verschneite Almwiesen. Giuliano erzählt, dass alles hier noch genauso aussehe wie in den 80er Jahren. Die wenigen Skitourengeher und Schneeschuhwanderer haben keinen Einfluss auf die Ökosystem hier in den Bergen. Mehr Sorgen machen ihm da eher die durch den Klimawandel verursachten Stürme und Klimaveränderungen. Kurz vor dem Gipfel machen wir Halt in einer kleinen abgelegenen Hütte. Sie ist nur zu Fuß erreichbar, weshalb es auch lediglich zwei verschiedene Sorten Suppen sowie einfache Getränke gibt.
Am Nachmittag wollen wir uns noch mit Langlaufen beschäftigen. Val di Fassa ist bekannt für die Marcialonga, ein Skilanglaufmarathon der von Moena bis nach Cavalese durchs ganze Tal führt (70 km). Da hier im Tal bereits wenig Schnee liegt, fahren wir zum etwas höher gelegenen Langlaufzentrum des Passo San Pellegrino, gehen eine Runde Skaten und und sprechen mit den dortigen Langlauftraineren über die Natureinwirkungen des Langlaufens. “Gerade Talloipen haben nur wenig Natureinwirkung, da sie mit kleinen Raupen an üblichen Wanderwegen gespurt werden”, erzählt uns Andrea, Langlauflehrer am Standort San Pellegrino. “Problematisch sind lediglich große Rundkurse und Zentren für die Wald gerodet werden muss, so etwas gibt es hier jedoch nicht”, berichtet er weiter. Als wir unsere Langlaufrunde entlang des Waldes ziehen, ziehe ich kurt nochmal gedanklich Bilanz und stelle fest: Entgegen so mancher Skepsis, ist nachhaltiger Wintersport in der Tat möglich. Man muss nur wissen wo.
Nachhaltiger Wintersport – Was wir gelernt haben:
Wintersport ist – wie jeder Sport, der draußen betrieben wird – ein Eingriff in die Natur. Doch wenn man sich nicht auf die Skihochburgen Europas beschränkt, sondern auch kleinere, traditionellere Skiregionen in Betracht zieht, kleine familiengeführte Pensionen vorzieht und neben Ski Alpin vielleicht öfter mal Skitouren, Winterwanderungen oder Lauflauftouren unternimmt, kann seinen Einfluss auf die Natur möglichst gering halten.
Wichtiger als die Entscheidung für oder gegen Winterurlaub oder die Wahl des Wintersports ist ohnehin – hier sind sich die Umweltforscher einig – die Anreise der Wintersportbegeisterten. Denn während Wintersportgebiete meist nur 1% der Gebirgsfläche einnehmen, so reisen über 84% der Anreisenden mit dem eigenen Auto an. Und obwohl Pistenraupen, Liftanlagen und der Betrieb von Hütten einiges an schlechter Umweltbilanz vermuten lassen, so ist den meisten Forschern zufolge der CO2-Ausstoß der Anreisenden wohl noch immer das Beunruhigendste an der Entwicklung des Wintersports.
Das Fassatal geht hier bereits einen entscheidenen Schritt in Richtung Umwelt und sorgt für eine umweltfreundliche Mobilitätsgarantie: Von der Abholung von umliegenden Bahnhöfen über flächendeckende Ski- und Linienbusse durchs Tal bis hin zu den vielseitigen Möglichkeiten gesamte Ausrüstungen zu leihen, wird hier einiges dafür getan, dass es keiner Anreise per Auto bedarf.
Mit dieser Erkenntnis, lässt sich festhalten, dass es letztlich an uns selbst liegt, die Möglichkeiten wahrzunehmen unseren Winterurlaub so nachhaltig wie möglich gestalten. Von der Auswahl des Skigebiets, über die Anreise und die Wahl des Hotels, bis hin zur Frage nach der Ausrüstung und der Wahl des Wintersports – es gibt viele Möglichkeiten nachhaltig zu agieren.
Wer sich auch an das Abenteuer nachhaltiger Wintersport heranwagen möchte, dem können wir jedenfalls das Fassatal aufgrund seiner Bodenständigkeit und Naturbelassenheit sehr empfehlen. Mehr zu Val di Fassa, findet hier.
Lust auf weitere Inspirationen zum nachhaltigen Reisen? Dann schaut in unserer Green Travel Kategorie vorbei!
3 Kommentare
Hi, wow was für ein cooler Beitrag. Bei Winterurlaub wusste ich auch nie so wirklich was man da machen kann. Aber die Hinweise sind ganz toll! Welches Hotel würdet ihr in Val die Fassa empfehlen? In welchem wart ihr? Würden für nächsten Winter gerne was buchen.
Hi Coralie, schön, dass Dir der Beitrag gefällt. Wir haben in einer kleinen Familienpension oberhalb des Marktplatzes in Moena übernachtet (Hotel Leonardo), auf dieser Seite (https://www.fassa.com) findest Du aber alle Hotels/Pensionen in der Umgebung, da findet Ihr bestimmt das Richtige. Ganz tollen Urlaub Euch!
Liebe Grüße, der Freemindedfolks-Squad
Boah, das ist ja ein interessanter Post. Ich hatte immer ein etwas schlechtes Gewissen was Skiurlaub betrifft. Aber wenn mans so angeht, hat man echt viel Potential. Gerade der Punkt mit dem Auto ist spannend. Da ist der Skibus in Moena natürlich super, wenn man damit gut rumkommt. Wie anspruchsvoll sind die Pisten in Moena bzw. Umgebung? Fandet ihr es auch familientauglich?
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